Energiehaushalt

Alles dreht sich hier um Energie. Wenn ich – so wie Gestern – von Wetter und Wind schreibe, ist es die Energie, die unser Schiff durch den Pazifik schiebt. Wenn ich neben mir auf dem Batteriemonitor sehe, dass 11% verbleiben merke ich, dass unsere 3x100W Solarpanele zwar taeglich reinpumpen, unsere Batterien aber schon zu schlecht/alt sind, um die Energie entsprechend zu speichern. Dies alles sind euch bekannte Geschichten, da ich immer wieder davon schreibe. Wetterund Bordbatterien sind eben mal die Lieblingsthemen eines jeden Seglers. Hehehe.

Worueber ich bislang gar nichts geschrieben hab ist, dass die vier an Bord lebenden Personen teilweise voellig unterschiedliche Lade- und Entladezyklen haben:

* Der Captain: Startet den Motor am Morgen mit einer Tasse Espresso und fuegt dem System massiv Kalorien in Form einer Doppelportion Haferbrei zu. Danach wird sehr sparsam mit der Energie umgegangen. D.h. um die Batterien zu schonen, bleibt der Skipper im Schatten und bewegt vorzugsweise nur die Augen beim Buecherlesen.. Wenn’s dann doch mal zu einem Manoever kommt, werden Unmengen von Energie freigesetzt, die Segel gehen rein und raus, dass die Winschen nur so aechzen, der Spiebaum wirbelt durch die Luft und Leinen werden hin und hergezurrt bis dann endlich wieder alles passt und sitzt. Dann ist der Captain ueberhitzt und muss erst mal mit ein paar Eimern Meerwasser auf Normaltemperatur gebracht werden bevor er wieder in den standby-Modus uebergeht. Da der naechtliche Ladezyklus mit nur vier Stunden sehr kurz ist, wird manchmal tagsueber ein weiterer Ladevorgang noetig.

* Die Capitana: Ist noch immer im Stand-By modus. Vermutlich kommen ihre Batterien mit den Schaukelbewegungen nicht klar und limitieren so die Energieabgabe auf ein Minimum. Trotz langer Ladezyklen steht also keine nennenswerte Batteriekapazitaet zur Verfuegung. Im Land-Modus wird dafuer ein zusaetzlicher, kleiner Atomreaktor aktiviert, der andere, rein batteribetriebene Lebewesen vor Neid erblassen laesst.

* Der Schiffsjunge: Beinahe 90% der Energie werden akustisch abgegeben. Wir nennen ihn auch ‘das Radio’: Vom Aufwachen bis zum Schlafengehen erzehlt, quatscht, singt, blabbert, schreit, lacht er. In drei Sprachen und absolut ohne Pausen. Ist fuer andere Lebewesen an Bord nicht immer leicht, doch mit viel gut Zureden gibt es manchmal kurze Pausen. Ansonsten geht er aehnlich sparsam mit der Energie um, wie der Captain. D.h. viel Aufenthalt im Schatten, Buecher gucken und (aha !) als zusaetzlicher Input Musik, welche teilweise stundenlang via iPod und Kopfhoerer aufgenommen wird. Der Ladezyklus ist mit 10-12h der laengste an Bord.

* Die Bordkatze: Der Input ist minimal aber auf kalorienreiche und stark ueberzuckerte Nahrung optimiert. Abgegeben wird diese Energie ganztaegig in Form von Akrobatik und Turnuebungen an Haltegriffen, Riggteilen, Reling sowie auch akustisch. Zusaetzlich scheint Logistik eine ihrer Staerken zu sein. Es werden taeglich Unmengen an (hauptsaechlich kleinen) Gegenstaenden quer durch’s Schiff transportiert. Beispiel heute: als der Wunsch nach einem gute-Nacht-Film ausgesprochen wird, heisst’s zuerst mal ‘klar Schiff’ fuer die Kinder – das ist Vorraussetzung. Zu diesem Zeitpunkt befanden sich in der Achterkabine all unsere Kochbuecher sowie saemtliche Babyklamotten von Viola’s Puppen. Am Vorschiff wurde tagsueber ein ‘Zelt’ aufgebaut, welches mit dem ueblichen Hausstand ausgestattet (Malsachen, Puppensachen, Kuscheldecken und Polster…) abgebaut werden musste. Im Cockpit fanden sich ein Stapel Pixie-Buecher und eine kleine lila Blechdose sowie weitere Schreibutensilien, Im Salon U
nmengen von Mal- und Bastelsachen sowie gefuehlt ein Kilo Papierschnipsel. etc…. All dies soll wieder an seinen Ursprungsort zurueck. Das Problem ist aber, dass bei diesem jungen und noch etwas unsausgereiften Modell die Energie tagsueber voellig aufgebraucht wird und Abends nicht mehr genug Restkapazitaet vorhanden ist, um solche zusaetzlichen Raeumarbeiten zu erledigen. Die verbleibenden 4% Batteriekapazitaet werden dann wieder akustisch freigesetzt. :-) Der Ladezyklus setzt dann oft ueberraschend und ploetzlich ein, dauert ca. 9-10h und wird normalerweise mittels Sonnenlicht abgestellt. D.h. ein wolkenverhangener Regentag oder ein Dinghie ueber der Schiffsluke koennen den Ladvorgang zusaetzlich verlaengern.

So und dann wie immer der Wetterbericht: Wir zuckeln noch immer mit Schwachwind dahin, ist aber ok so. Ueber Tonga breitet sich inzwischen eine Flautenzone aus. D.h. die LosLocos werden dann wohl mal noch ein paar zusaetzliche Tage einplanen muessen. Eieiei. Naja. Noch haben wir ja Wind, wollen wir hoffen, dass der Wetterbericht in dem Fall falsch liegt.
Sonst alles supi an Bord.

LATITUDE: 16°25.88S, LONGITUDE: 164°04.27W, COURSE: 258T, SPEED: 4.3, WIND: ENE3, TO GO: 583nm

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One Response to Energiehaushalt

  1. Erich und Erika Suchy says:

    … ja, so lädt und entlädt jeder seine Batterie. Wir haben sie heute mit einem ganztätigen Strandmarsch bei strahlendem Sonnenschein und Bad im Atlantik geladen, entladen wird sie vermutlich mit Rasenmähen und anderen gärtnerischen Tätigkeiten, das aber erst morgen …
    Gut Wind Erika und Erich